Aber alles der Reihe nach:
Katzen und Hundewelpen kommen ohne Zähne auf die Welt. Die ersten Zähnchen (Milchzähne) brechen circa zwei Wochen nach der Geburt durch. Als erstes bekommen die Kleinen ihre Schneidezähne und dann nach und nach alle anderen Zähnchen. Im Alter zwischen 8-12 Wochen sollte das Milchzahngebiss des Welpen komplett sein. Das sind dann beim Hund 28 Zähne und beim Katzenwelpe 26 Zähne. Die Milchzähne sind deutlich kleiner und spitzer wie die späteren, bleibenden Zähne. Die Milchzähnchen bleiben nicht sehr lange. Wie beim Menschen wechseln auch die Tiere vom Milchzahngebiss zum vollständigen Gebiss. Das vollständig entwickelte Gebiss umfasst dann beim Hund 42 Zähne und bei der Katze 30. Der Zahnwechsel beginnt schon mit dem 3. Lebensmonat und ist normalerweise mit 6 bis 7 Monaten abgeschlossen. Der Zahnwechsel erfolgt dabei etwas früher bei größeren Hunderassen und etwas später bei den Kleineren. Er gilt dann als abgeschlossen, wenn alle bleibenden Zähne durchgebrochen und soweit aus dem Zahnfach geschoben wurden, dass sie in Funktion sind.
Warum muss man jetzt mit seinem Welpen im Zahnwechsel eventuell zum Tierarzt?
Der Milchzahn fällt aus, der bleibende bricht durch, was soll da schiefgehen?
Auch ein Milchzahn hat eine Wurzel, die teilweise sogar recht lang sein kann. Die Wurzel des Milchzahns muss durch körpereigene Zellen aufgelöst werden. Die Zellen, die diesen Job übernehmen nennt man Odontoklasten. Die Milchzahnwurzel wird also bei einem normalen Zahnwechsel Stück für Stück von den Odontoklasten „aufgefressen“ und der Milchzahn beginnt zu wackeln. In Folge kann dann die verblieben Milchzahnkrone durch den nachfolgenden Zahn aus dem Kiefer geschoben werden. Der Milchzahn ist weg und der bleibende Zahn an seinem Platz.
Treten bei Zahnwechsel Störungen auf, bleiben die Milchzähne erhalten und der bleibende Zahn muss sich einen anderen Platz suchen. Man spricht dann von persistierenden Milchzähnen. Meistens sind die großen Eckzähne (Canini) davon betroffen, aber auch bei allen anderen Zähnen können solche Störungen auftreten. Toy-, Zwerg- und Kleinhunde sind prozentual häufiger davon betroffen als Hunde größerer Rassen.
Dadurch dass der bleibende Zahn nicht an seine für ihn vorgesehene Stelle kann, kann es zu schweren und auch für das Tier sehr schmerzhaften Gebissfehlstellungen kommen. Dem gilt es vorzubeugen. Wird eine Störung im Zahnwechsel zu spät erkannt und der bleibende Zahn ist schon fest, an der falschen Stelle verankert, müssen komplizierte und langwierige Gebisskorrekturen durchgeführt werden.
Treten also Störungen beim Zahnwechsel auf sollte Sie mit ihrem Tier beim Tierarzt vorstellig werden.
Aber wie erkenne ich eine solche Störung überhaupt?
Sinnvoll ist es seinen kleinen Welpen spielerisch an die Kontrolle der Maulhöhle zu gewöhnen. Dies ist später in vielerlei Hinsicht von Nutzen. Tabletten können so einfacher eingegeben werden, „Zahn- und Maulprobleme“ werden schneller erkannt, auch dem Tierarzt erleichtert das die gründliche Untersuchung der Maulhöhle. Auch das Zähneputzen kann so schon trainiert werden und wird dann vom Tier akzeptiert.
Findet man nun bei seiner Kontrolle der Maulhöhle plötzlich, ganz in der Nähe des Milchzahns schon die Spitze des nächsten, später bleibenden Zahns, sollte man sich zum Einen merken, wann man diese Konstellation das erste Mal bemerkt hat und zum Anderen das Tier beim Tierarzt vorstellen. Dieser kann dann nach eingehender Untersuchung entscheiden, ob man noch einige Tage abwarten kann, oder ob man besser sofort zur Tat schreitet und die persistierenden Milchzähne in Narkose zieht! Das klingt erstmal etwas radikal, ist aber sinnvoll. So wird der Platz wieder frei und der bleibende Zahn, wandert an die richtige Stelle. Eine aufwändige kieferorthopädische Behandlung kann dann zumeist entfallen.
Müssen Zähne in Narkose entfernt werden sollte darüber auch stets der Züchter informiert werden. Probleme beim Zahnwechsel mit persistierenden Milchzähnen können nämlich auch vererbt werden. Sind sie aber in Narkose entfernt worden, entwickelt sich ein völlig korrektes Gebiss. Dass es mal eine Störung gab, kann später nicht mehr erkannt werden. Diese für den Züchter wertvolle Information würde also verloren gehen.
Eine andere Möglichkeit, wie es zu Problemen beim Zahnwechsel kommen kann, ist eine Infektion im Bereich der Zahnknospe. Aber wie kann eine solche Infektion entstehen?
Sie kann als Folge einer absteigende Infektion, zum Beispiel durch einen abgebrochenen Milchzahn auftreten. Der Milchzahn ist in der Mitte hohl und über diesen Hohlraum können Keime in die Tiefe gelangen und dann ganz in der Nähe der Zahnanlage des späteren Zahns ihr Unwesen treiben. Durch die Infektion nehmen zum Einen die Odontoklasten Schaden, also die Zellen, die für den Abbau der Wurzel des Milchzahns verantwortlich sind. Sie arbeiten nicht mehr richtig und lösen demzufolge die Wurzel des Milchzahns nicht mehr auf. Zum Anderen kann bei einer Infektion aber auch die Zahnanlage des bleibenden Zahns Schaden nehmen. Der bleibende Zahn kommt dann mit einem Defekt im Zahnschmelz aus dem Zahnfach. Dieser Defekt bleibt ein Leben lang bestehen, sieht nicht schön aus und ist eine Schwachstelle am Zahn.
Deshalb müssen auch abgebrochene Milchzähne, im Idealfall innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall, extrahiert werden.
Noch ein paar wichtige Infos:
- Die Wand der Milchzähne ist sehr dünn, deshalb kann so ein Zahn leicht abbrechen. Wenn Hunde miteinander spielen sollten Halsbänder, Geschirre etc. entfernt werden, damit der Welpe nicht mit seinen Zähnchen daran hängen bleiben kann.
- Zerrspiele sind eigentlich noch nichts für die kleinen Zähne und sollten unterbleiben
- Damit frühzeitig eingegriffen werden kann, empfiehlt es sich, eine regelmäßige Maulkontrolle durchzuführen
- Auch der bleibende Zahn ist noch nicht so stabil, wie es auf den ersten Blick scheint
- Vorsicht:
Voll belastbar und fest verankert in seinem Zahnfach ist der Zahn erst mit ca. 2 Jahren!
Die Pulpahöhle, also der Hohlraum im Zahn, in dem sich der Nerv und die versorgenden Gefäße befinden wird im Laufe der Jahre immer kleiner und die umgebene Schicht immer dicker und in Folge der Zahn immer belastbarer. Die nachfolgenden Röntgenbilder zeigen das eindrucksvoll. Ganz links das Röntgenbild eines jungen Hundes, mit großer Pulpenhöhle, ganz rechts das eines älteren Hundes mit einer kleinen Pulpenhöhle und einer massiven Wand.
Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Walter Korthäuer, 56170 Bendorf.
Zwei Jahre ist eine lange Zeit. Aber daran sollte man vor allem bei allen Sport- und Diensthunden denken, für die gerade der Einsatz der langen Eckzähne extrem wichtig ist. Durch ihre Länge können sie beim Zerren noch leichter frakturieren, wie alle anderen Zähne.