In Deutschland ereignen sich zwischen 30.000 – 50.000 Bissverletzungen pro Jahr. Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher, denn nicht jeder geht mit einem Biss gleich zum Arzt. Es existiert auch keine Meldepflicht oder eine offizielle Beißstatistik. Im Mittelpunkt stehen bei den Bissverletzungen Hunde- und Katzen-, seltener Menschenbisse. In mehr als einem Drittel aller Haushalte werden in Deutschland Tiere gehalten. Auch hier liegt die Dunkelziffer hoch. Nicht jeder Hund wird leider bei der Gemeinde offiziell gemeldet. Katzen und andere Tiere werden sowie so nicht erfasst. Eine Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach zu Tieren in deutschen Haushalten (2012–2014) ergab für das Jahr 2013 folgende Verteilung: 11,89 Millionen Hunde, 12,68 Millionen Katzen, 2,6 Millionen Vögel, 3,52 Millionen Fische, 4,35 Millionen Nager, 2,53 Millionen andere Tiere (IfD Allensbach de.statistica 2014).

Die Folgen eines Bisses können schwerwiegend sein. Theoretisch können sie sogar zu einer schweren Blutvergiftung führen und auch Amputationen von betroffenen Gliedmaßen können im Extremfall nötig werden, um das Menschenleben zu retten. Hunde zerreißen und quetschen mit einem Biss häufig das komplette Gewebe. Zusätzlich kann sich die Wunde durch eingebrachte Keime infizieren. Katzenbisse sind tiefer und damit tückischer. Katzen haben oft mehr Keime in der Maulhöhle als Hunde. Noch mehr Keime wie bei der Katze findet man übrigens in der Mundhöhle des Menschen. Menschenbisse sind deshalb auch nicht so ganz ohne.

Katzenbisse: die oft unterschätzte Gefahr!

Katzenbisse sehen auf den ersten Blick oft nicht spektakulär aus. Es sind zumeist nur kleine, punktförmige Zusammenhangstrennungen der Haut. Aber gerade darin liegt die Gefahr! Für uns als Tierärzte, Tiermedizinische Fachangestellte (TFA) oder Tierpfleger besteht sogar ein gewisses Berufsrisiko. Fühlt sich die Katze unwohl oder gerät sogar in Panik ist ein Biss schnell passiert. Die meisten Bissverletzungen beim Menschen, unabhängig vom Beruf, befinden sich an den Händen. Die Eckzähne der Katzen dringen beim Biss tief ins Gewebe ein, ohne wirklich ein größeres Loch zu hinterlassen. Die Verletzung ähnelt dabei eher der einer Stichverletzung mit einer Nadel. Leider sind die Maulhöhle und die Zähne alles andere als keimfrei. Statistisch gesehen infiziert sich nahezu jeder zweite Katzenbiss, während bei Hunden die Rate nur zwischen 2 und 20% liegt. Die durch den Biss entstandene Verletzung der obersten Hautschicht verheilt oft sehr schnell. So werden die Keime in tieferen Schichten „eingesperrt“. Dort können sie sich stark vermehren. Auch eingesetzte Antibiotika wirken teilweise nicht schnell genug und die Entzündung kann außer Kontrolle geraten. Dann muss leider der Chirurg ans Werk. Denn die Infektion führt zum Absterben ganzer Gewebeareale. In dieses abgestorbene Gewebe kann wiederum kein Antibiotikum mehr eindringen, ein Teufelskreis beginnt. Die Keime können sich nun ungebremst weiter vermehren und zu weiteren Gewebsnekrosen führen. Deshalb muss die Wunde operativ eröffnet und alles abgestorbene Gewebe entfernt werden. Da es häufig zu Bisse an den Händen kommt und sich dort viele wichtige Strukturen (Sehnen, Gelenke, Nerven) auf engem Raum befinden, ist das mitunter nicht ganz so einfach. Manchmal kann die vollständige Funktion der Hand nicht erhalten werden. Und leider muss ab und an auch die ganze Hand amputiert werden. Dies kann auch der Fall sein, wenn eine Blutvergiftung (Sepsis) droht, die unter Umständen tödlich enden kann, wenn nicht unverzüglich drastisch eingeschritten wird!

Fazit:

Einen Katzenbiss sollte man deshalb nicht verharmlosen, und mit dem Biss bei einem Arzt vorstellig werden. Auch wenn auf den ersten Blick (noch) keine Infektion vorliegt. Oft treten die Symptome wie Schwellung, Rötung, Hitze, Schmerz (teilweise ein pochender Schmerz), und eine eingeschränkte Funktion der betroffenen Gliedmaße zeitversetzt auf. Dann ist allerdings schon wertvolle Zeit verstrichen. Oft wirken die eingeleiteten Maßnahmen und die Behandlungen bei dieser doch sehr kleinen Verletzung etwas übertrieben, aber sie haben durchaus ihre Berechtigung. Was ist schon eine mittels Schiene ruhiggestellte Hand und bei Katzenbissen auch nach wie vor die Einnahme eines Antibiotikums gegenüber dem möglichen Verlust der Hand oder im Extremfall des Lebens!

Und was bedeutet das für uns als Tierarztpraxis?

Wir versuchen eine möglichst stressfreie Umgebung für die Katze zu schaffen. Damit sich möglichst erst gar kein Beißunfall ereignet. Wir treffen solche Maßnahmen wie:

  • Terminsprechstunden, um unnötige Wartezeiten für die Katze zu minimieren
  • ein erhöhter Wartebereich, auf dem man den Katzenkorb platzieren kann. Katzen möchten im Korb nicht einfach auf dem Fußboden abgestellt werden. Im Extremfall noch neben einen bellenden, hechelnden Hund, den sie nicht kennen.
  • einfühlsame Helferinnen und Zeit genug, damit sich die Katze erstmal in Ruhe umsehen kann.
  • Einsatz von Pheromonen, die ein Wohlfühlgefühl vermitteln sollen.
  • Einsatz von Decken, unter denen sich ängstliche Katzen verstecken können.

Leider ist unsere Praxis zu klein, um einen getrennten Wartebereich nur für Katzen und ein reines Katzenbehandlungszimmer zu schaffen. Aber im Rahmen unserer Möglichkeiten machen wir vieles doch irgendwie möglich.